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Nießbrauch und Wohnrecht – was ist das eigentlich?

Obwohl er im Rahmen der Immobilienverrentung immer wieder auftaucht, ist der Begriff des Nießbrauchs bei den meisten Menschen unbekannt. Mit diesem Beitrag wollen wir das ändern und unter anderem erklären, was es mit dem Nießbrauch auf sich hat, was die Vorteile eines Nießbrauchs sind wie sich der Wert eines Nießbrauches berechnen lässt. Im Anschluss wird das gemeinhin „bekanntere“ Wohnrecht erläutert und dem Nießbrauch gegenübergestellt.

Nießbrauch – was ist das eigentlich?

Der Nießbrauch, häufig auch als „Nießbrauchsrecht“ bezeichnet, gewährt dessen Inhaber ein umfassendes Nutzungsrecht an der Immobilie, für die es bestellt wurde; ihm wird die Möglichkeit gewährt, „die Nutzungen der Sache zu ziehen“, § 1030 Abs. 1 BGB. Dies ist insofern eine Besonderheit, als dass dieses Möglichkeit eigentlich nur dem Eigentümer zusteht. Das Nießbrauchrecht wird jedoch an Immobilien eingeräumt, die nicht im Eigentum des Nießbrauchsberechtigten stehen.

Zur Verdeutlichung ein Beispiel:

Herr Müller ist in Geldnot, da er ein Darlehen zurückzahlen muss. Aus diesem Grund verkauft er seine Immobilie an Herrn Kuntze, lässt sich im Gegenzug aber ein Nießbrauchsrecht an der Immobilie einräumen. Herr Müller kann also wahlweise weiter in der Immobilie wohnen bleiben oder diese vermieten, obwohl nicht mehr er selbst, sondern Herr Kuntze neuer Eigentümer der Immobilie ist.

Wie schon im Beispiel erläutert, kann diese Nutzungsziehung auf verschiedene Weisen ausgeübt werden: 

Einerseits kann der Nießbrauchsberechtigte die Immobilie für sich selbst benutzen, beispielsweise als festen Wohnsitz oder auch als Ferienimmobilie oder Wochenendhaus. 

Andererseits ist er auch berechtigt, die Vorteile, die die Immobilie mit sich bringt, auch in wirtschaftlicher Hinsicht zu nutzen, insbesondere in Form der Vermietung. 

Gehen mit dem Nießbrauch auch Pflichten einher? 

Da die Einräumung eines Nießbrauchsrecht dem Nießbrauchsberechtigten eine Stellung verleiht, die der eines Eigentümers gleichkommt, muss er konsequenter Weise auch einige Pflichten befolgen: Insbesondere muss der Nießbraucher für die „Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand sorgen“, § 1041 Satz 1 BGB. Außerdem besteht gem. § 1045 Abs. 1 BGB durch das Nießbrauchsrecht eine Versicherungspflicht des Nießbrauchers. Weiterhin muss der Nießbraucher in der Regel auch für die gewöhnlichen öffentlichen Lasten, die auf der Immobilie ruhen, aufkommen. Hierzu zählen insbesondere die Grundsteuer und Gemeindeabgaben wie beispielsweise Gebühren für Kanalisation, Müllabfuhr oder die Straßenreinigung. Von diesen Pflichten kann jedoch durch individuelle vertragliche Vereinbarungen mit dem Eigentümer abgewichen werden.

Wie lange besteht das Nießbrauchsrecht?

Hinsichtlich der zeitlichen Dauer des Nießbrauchsrechts sind den Parteien in der Gestaltung keine Grenzen gesetzt: Möglich ist sowohl die Bestimmung, dass das Nießbrauchsrecht mit dem Tod des Nießbrauchsberechtigten endet als auch die Vereinbarung eines festen Zeitraumes, beispielsweise 20 Jahre.

Wird das Nießbrauchsrecht im Grundbuch eingetragen?

Gemäß § 873 Abs. 1 BGB ist zur Belastung eines Grundstücks mit einem Recht die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlich. Da die Gewährung eines Nießbrachsrechts eine solche Grundstücksbelastung darstellt, ist die Eintragung im Grundbuch erforderlich. 

Wie berechnet man den Wert eines Nießbrauchsrechts?

Ist eine Immobilie mit einem Nießbrauchsrecht belastet, so sind damit für den Eigentümer wesentliche Nachteile verbunden, insbesondere kann er nicht selbst in der Immobilie wohnen oder diese vermieten, da dieses Recht ja ausschließlich dem Nießbrauchsberechtigten zusteht. Daher hat der Nießbrauch einen rechnerischen Wert, der sich konkret bestimmen lässt.

Dieser wird in folgendem Beispiel – etwas vereinfacht – dargestellt:

Herr Müller bewohnt die Immobilie, Verkehrswert 500.000 Euro, aufgrund des von Herrn Kuntze eingeräumten Nießbrauchsrechts kostenfrei und erspart sich damit eine monatliche Mietzahlung von 1.500 Euro, pro Jahr also 18.000 Euro.

In einem ersten Schritt ist der sog. Jahreswert, den die Immobilie gewährleistet, zu bestimmen. Dieser beträgt im obigen Beispiel 18.000 Euro.

Für den zweiten Schritt ist die Dauer des Nießbrauchsrechts maßgeblich. Es muss mithilfe der Anlage 9a des § 13 Bewertungsgesetz der entsprechende Faktor bestimmt werden. Dieser beträgt bei 10 Jahren 7,745. Falls das Nießbrauchsrecht lebenslang eingeräumt wird, sind für die Faktorbestimmung stattdessen die Werte des § 14 Abs. 1 S. 4 Bewertungsgesetz maßgeblich.

Im letzten Schritt wird der im 1. Schritt ermittelte Jahreswert mit dem im 2. Schritt ermittelten Faktor multipliziert.

Für obiges Beispiel ergibt sich somit folgende Rechnung:

18.000 Euro x 7,745 = 139.410 Euro

Damit beträgt der Wert des Nießbrauchsrechts ca. 139.410 Euro. 

Was passiert mit dem Nießbrauchsrecht, wenn die Immobilie weiterverkauft wird?

Mit dieser Frage steht die Eintragung des Nießbrauchsrechts im Grundbuch in engem Zusammenhang: Da der Nießbrauch durch die Grundbucheintragung dinglich abgesichert ist, hat ein etwaiger Verkauf der Immobilie auf das Nießbrauchsrecht keinen Einfluss, es bleibt weiterhin unverändert bestehen. Insbesondere kann der neue Eigentümer die Immobilie nicht selbst bewohnen oder vermieten, da diese Nutzungsziehung ausschließlich dem Nießbraucher vorbehalten bleibt. Eine weitere Besonderheit: Das Nießbrauchsrecht bleibt selbst dann bestehen, wenn es zur Zwangsversteigerung der Immobilie kommen sollte!

Wohnrecht – was ist das eigentlich?

Häufig werden die Begriffe „Wohnrecht“ und „Wohnungsrecht“ synonym verwendet. Strenggenommen unterscheiden sie sich jedoch grundlegend:

Das Wohnungsrecht berechtigt den Rechtsinhaber gemäß § 1093 Abs. 1 BGB dazu, „ein Gebäude oder einen Teil eines Gebäudes unter Ausschluss des Eigentümers als Wohnung zu benutzen“. Außerdem erlaubt es dem Wohnungsrechtsinhaber zusätzlich, „seine Familie sowie die zur standesmäßigen Bedienung und zur Pflege erforderlichen Personen in die Wohnung aufzunehmen“, § 1093 Abs. 2 BGB. 

Demgegenüber stellt das Wohnrecht lediglich eine beschränkt persönlichen Dienstbarkeit gemäß § 1090 Abs. 1 BGB dar. Es normiert kein „Alleinnutzungsrecht“, sondern lediglich ein Mitbenutzungsrecht, sodass der Wohnrechtsinhaber den Eigentümer von der (Mit-)Benutzung der Immobilie nicht ausschließen kann. Eine weitere Einschränkung, die im Rahmen des Wohnungsrechts nicht besteht, legt § 1092 Abs. 1 S. 2 BGB fest. Demnach ist vor der Ausübung des Wohnrechts durch andere Personen, insbesondere Pflegepersonal oder Familienangehörige, die Genehmigung des Eigentümers einzuholen.

Um diesen Artikel so verständlich wie möglich zu halten, werden die Begriffe im Folgenden synonym verwendet, sofern die Unterscheidung nicht relevant wird.

Wie lange besteht das Wohnrecht?

Hinsichtlich der zeitlichen Dauer des Wohnrechts verhält es sich genau wie beim Nießbrauch: Möglich ist die Vereinbarung eines lebenslangen Wohnrechts ebenso wie die Verständigung auf eine in Jahren festgelegte Befristung, beispielsweise 10 oder 20 Jahre. Letzteres eignet sich dann, wenn schon im Zeitpunkt der Einräumung des Wohnrechts feststeht, dass der Wohnrechtsinhaber die Immobilie zu einem späteren Zeitpunkt in jedem Fall verlassen möchte, insbesondere um in ein Pflegeheim oder zu seinen Kindern zu ziehen.

Wie unterscheiden sich Wohnrecht und Nießbrauch?

Wie weiter oben bereits erläutert, berechtigt das Nießbrauchsrecht neben dem Bewohnen der Immobilie auch zur Fruchtziehung, was in der Praxis am häufigsten durch Vermietung erfolgt. Demgegenüber berechtigt das Wohnrecht den Inhaber nur zum eigenständigen Bewohnen der Immobilie. Damit sind mit dem Nießbrauch weitergehende Rechte als mit dem Wohnrecht verbunden. 

Wird das Wohnrecht im Grundbuch eingetragen? 

Auch das Wohnrecht wird im Grundbuch dinglich abgesichert. Dies schützt den Wohnrechtsinhaber im Falle des Verkaufs der Immobilie, da das Wohnrecht vom Verkauf unberührt bleibt.

Welche Rechte und Pflichten habe ich als Wohnrechtsinhaber? 

Die Rechte und Pflichten sind durch den Verweis des § 1093 Abs. 1 S. 2 auf die Vorschriften zum Nießbrauch im Grundsatz ähnlich geregelt. Insbesondere darf der Wohnrechtsinhaber die Wohnung nicht wesentlich umgestalten (§ 1037 Abs. 1 BGB), außerdem unterliegt er gewissen Anzeigepflichten, sofern es zu Beschädigungen an der Wohnung kommt (§ 1042 BGB). Verbrauchsabhängige Nebenkosten wie Heizung, Strom, Wasser und Gas muss der Berechtigte grundsätzlich selbst zahlen. Eine Zahlung für das Bewohnen der Immobilie als solchem (ähnlich also einer Miete) ist hingegen nicht geschuldet. Wie auch schon beim Nießbrauch gilt: Vertragliche Vereinbarungen, die Rechte und Pflichten abweichend festlegen, sind möglich.

Wie wird der Wert des Wohnrechts berechnet? 

Wie auch schon dem Nießbrauchsrecht kann auch dem Wohnrecht ein konkreter Wert beigemessen werden. Dieser ist vorab in 3 Schritten zu ermitteln:

In einem ersten Schritt muss zunächst die fiktive Jahreskaltmiete, die dem Eigentümer dadurch entgeht, dass ein Wohnrecht vereinbart wurde, er also keine Mieteinnahmen generiert, ermittelt werden.

Im zweiten Schritt ist entscheidend, ob das Wohnrecht zeitlich befristet oder ob es „lebenslang“ eingeräumt wurde. Sofern ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt wurde, ist die durchschnittliche Lebenserwartung für die Dauer des Wohnrechts maßgeblich. Diese kann der Anlage zu § 14 Absatz 1 BewG entnommen werden.

Hierzu folgendes Beispiel:

Frau Müller ist 75 Jahre alt und hat seine Eigentumswohnung schenkweise auf ihren Sohn übertragen. Im Gegenzug erhielt er ein lebenslanges Wohnrecht. Die (fiktive) Jahreskaltmiete beläuft sich auf 15.000 Euro

Die Restlebenserwartung lag im Jahr 2021 für eine Frau im Alter von 75 Jahren ausweislich der sog. Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes bei 13,17 Jahren. Für diese Lebenserwartung ergibt sich aus der Anlage zu § 14 I BewG der Faktor (auch als Kapitalwert bezeichnet) 9,452. Dieser Wert ist gemäß § 14 Abs. 1 BewG mit einem Zinssatz von 5,5 Prozent zu verzinsen, sodass der Faktor im Ergebnis 9,507 beträgt.

Die Rechnung lautet daher: 

10.000 Euro x 9,507 = 142.605 Euro

Damit hat das lebenslange Wohnrecht im Fall von Frau Müller einen Wert von 142.605 Euro.

Wann erlischt das Wohnrecht? 

Das Wohnrecht endet je nach Vereinbarung entweder mit dem Tod des Berechtigten oder nach Ablauf der vertraglich festgelegten Frist. Als beschränkt persönliche Dienstbarkeit ist es außerdem nicht vererbbar. 

Des Weiteren erlischt das Wohnrecht dann, wenn es zu einer Zerstörung oder zumindest so starken Beschädigung der Immobilie kommt, dass diese unbewohnbar wird. Ferner ist auch ein Erlöschen durch Verzicht des Berechtigten auf sein Wohnrecht denkbar.

Bei weiteren Fragen zum Thema Immobilienverrentung, kontaktieren Sie uns gerne!

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